Das heimliche Ausspähen von Arbeitnehmern ohne Anlass ist unzulässig.Arbeitnehmer ausspähen "is nich"!
27.07.17Die auf ausgespähte Daten aus der Internetnutzung beruhende Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist nicht ohne weiteres wirksam. Arbeitgeber brauchen vor der Kündigung einen konkreten Anlass
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat entschieden, dass Erkenntnisse aus Überwachungssoftwares nicht ohne weiteres für eine Kündigung genutzt werden dürfen. Der Einsatz von sogenannten Keyloggern sei unzulässig, wenn kein konkreter Verdacht gegen den gekündigten Angestellten vorliegt (Aktenzeichen 2 AZR 681/16). Eine keylogger Software arbeitet auf der Grundlage der Tastatureingaben eines Nutzes und macht regelmäßig screenshots.
Ein Webentwickler aus NRW hatte während der Arbeitszeit teilweise private Dinge erledigt. Das fiel zunächst nicht auf. Der Arbeitgeber entdeckte das Fehlverhalten aber, nach Installation eines Keylogger, mit dem der Computer ausgespäht werden konnte. Dem Angestellten war zuvor allgemein mitgeteilt worden, dass die Nutzung der Systeme mitgeloggt und die Internetaktivitäten kontrolliert würden.
Wenige Tage nach der Installation des Programms, bekam der Angestellte die Kündigung. Der Arbeitnehmer räumte ein, innerhalb von vier Monaten drei Stunden mit der Programmierung eines Computerspiels verbracht zu haben - oft in den Pausen. Zudem habe er täglich etwa zehn Minuten genutzt, um etwas für die Firma seines Vaters zu erledigen. Er empfand die Datenerhebung als unzulässig. Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung seines Arbeitsvertrags.
Das Arbeitsgericht Herne und auch das Landesarbeitsgericht Hamm erklärten die Kündigung als unzulässig. Dies gelt selbst dann, wenn eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nicht ausgeschlossen werden konnte. Beide Arbeitsgerichte werteten die Installation des Keyloggers als so starken Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, dass die gewonnenen Daten nicht als Beweismittel dienen könnten und verhängten ein Verwertungsverbot. Der Arbeitgeber hätte stattdessen eine offene Kontrolle vornehmen und eine Abmahnung erteilen können.
Die vorinstanzlichen Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichtswurde nun durch das Bundesarbeitsgericht bestätigt. Der Arbeitgeber habe durch den Einsatz des Tastaturspions das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.
Das Urteil dürfte eine Grundsatzentscheidung zur digitalen Überwachung sein. Demnach ist ein solcher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte nicht ohne weiteres zulässig und die daraus gewonnenen Daten dürfen nicht in einem Kündigungsverfahren verwertet werden. Zuvor hatte das Gericht bereits den Einsatz von Videoanlagen zur Mitarbeiterüberwachung geregelt. Demnach dürfen Kameras nur zeitlich begrenzt und aus einem bestimmten Anlass installiert werden. Arbeitnehmerüberwachung ist damit aber nicht per se eingeschränkt. Arbeitgeber haben unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Einhaltung des Arbeitsvertrags zu überwachen. Die Rechtsprechung wird hier aber noch weitere Differenzierungen erwarten lassen.
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