Wettbewerb von Mitarbeitern, Datendiebstahl, KundenabwerbungErfolgreicher Schlag gegen wettbewerbswidrigen Aussendienst

31.05.17Gute Arbeitgeber vertrauen Ihren Mitarbeitern und lassen sie frei arbeiten. Manche Mitarbeiter nutzen diese Freiheiten schamlos aus.

Ein besonders heftiger Fall traf einen unsere großen und wachsenden Unternehmens-Dauermandanten. Der Aussendienstleiter war schon länger erkrankt und irgendwie ergab sich ein wenig greifbares, komisches Gefühl, daß in der Aussendienstmannschaft etwas nicht stimmte. Die konstruktive Mitarbeit nahm zum Herbst 2016 drastisch ab und plötzlich erreichte unsere Mandantin eine wortgleiche Kündigung nach der anderen; die Kerntruppe des Aussendienstes war am Gehen.

Sowas muss stutzig machen. Rückmeldungen von Kunden wiesen daraufhin, daß die Mitarbeiter nicht "neuen Herausforderungen" nachgingen, wie es hiess, sondern unmittelbar in Wettbewerb zu unserer Mandantin traten. Kundenabwerbung und Datendiebstahl, dieser Eindruck verfestigte sich immer mehr. Vom Aussendienstleiter weiterhin keine Rückmeldung aus dessen angeblicher Krankheit. Weitere Gespräche mit den übrig gebliebenen Aussendienstlern wiesen Indizien in die Richtung, daß der Aussendienstleiter bereits seit längerem mit "seinen besten Leuten" während des laufenden Arbeitsverhältnisses eine parallele Wettbewerbsstruktur aufgebaut hatte. In enger Zusammenarbeit mit uns und einem beauftragten Detektiv verfestigte sich immer weiter ein Bild, daß verheerend war: Reihenweise purzelten nun auch Kündigung von Kunden herein und von einem Tag auf den nächsten sah es so aus, als würden in Betrieb unserer Mandantin die Lichter ausgehen.

Wir konnten die Indizien, die wir herausgefunden hatten, zu einem stimmigen Puzzle zusammen fügen. Doch so leicht geht die Trennung von langjährigen Mitarbeitern nicht, denen man bis vor kurzem noch voll und ganz vertraut hat. Das Bild wurde der Staatsanwaltschaft übergeben und dort geprüft. Da die aufgebrachten Indizien schlüssig waren, führte die Staatsanwaltschaft Kiel in einer bundeslandübergreifenden aufwändigen Aktion Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei den ausgeschiedenen Mitarbeitern durch, die inhaltlich stimmige Beschlagnahmen zur Folge hatten. Auf dieser Grundlage kündigte unsere Mandantin dem abtrünnigen Aussendienstleiter, der mit einem Schwerbehindertenbescheid konterte. Ein Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Flensburg war die Folge. Sicherlich ebenso dreist vom Arbeitnehmer, wie anspruchsvoll für den Rechtsanwalt des Arbeitgebers. Die Kündigung eines Schwerbehinderten birgt enorme formalrechtliche Probleme, durch die wir das Unternehmen durchlotsten. Unterlassungsverfügungen gegen alle abtrünningen Mitarbeiter wurden bei unterschiedlichsten Arbeitsgerichten in Norddeutschland beantragt, die zu einer Verhandlungswelle rund um Weihnachten 2016 führten. Wir machten Unterlassungsansprüche gegen die Mitarbeiter auf Wettbewerbstätigkeit gegen unsere Mandantin, auf Nutzung von Kundenlisten und Kundendaten sowie im Hinblick auf die Abwerbung weiterer Mitarbeiter und Irreführung von Kunden über die Identität des hinter den Leistungen stehenden Unternehmens geltend. Die erstinstanzlichen Erfolge waren 50:50 erfolgreich, die mutmaßlichen Haupttäter, vertreten durch Arbeitsrechtsspezialisten und einem Strafverteidiger wehrten sich erheblich und kompetent. Die Auseinandersetzung war genauso umfangreich wie juristisch anspruchsvoll und führte zu einer erheblichen Beanspruchung auf unserer Seite. Das Verhandeln von Wettbewerbsrecht vor Arbeitsgerichten ist augenscheinlich eine exotische Angelegenheit und bedarf erheblicher Vorarbeit. Gut, daß Fachanwalts-Kompetenz sowohl im Arbeitsrecht, wie auch im Wettbewerbsrecht vorhanden war. Im Ergebnis konnte auch gegenüber den mutmaßlichen Rädelsführern aber vor dem Landesarbeitsgericht in Kiel ein fulminanter und rechtskräftiger Erfolg und Abschluss erreicht werden. Soweit es den unlauteren Wettbewerb gegen unsere Mandantin betrifft, ist den Mitarbeitern weitestgehend das Handwerk gelegt.Auch der Aussendienstleiter, der spannenderweise nicht gekündigt hatte, konnte zwischenzeitlich endgültig und rechtssicher aus dem Unternehmen entfernt werden. Jetzt heißt es spannend auf die abschliessenden Ergebnisse der Staatsanwaltschaft warten, die noch an den umfangreichen Beweismitteln und Daten sitzt und nach wie vor ermittelt.

Die folgende Auseinandersetzung über Schadenersatz für den erheblichen Schaden, den die Aussendienstler angerichtet haben, wird daher noch Zeit beanspruchen und zunächst ist das Ergebnis des abschliessenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kiel abzuwarten, um den Schaden bewerten zu können.

Jedenfalls konnten wir mit nicht unerheblichem Aufwand den wirtschaftlichen Kollaps des Unternehmens durch Kundenabwerbung und mißbräuchliches Verhalten von Mitarbeitern sowie Datenklau vermeiden.

Was verbleibt sind Irritation bei den Kunden, viel Unruhe, aber auch neue Strukturen und verbessertes Controlling bei unserer Mandantin. In jeder Krise steckt auch eine Chance. Unsere Mandantin hat überlebt und wird sich von diesem schweren Schlag nach unserer Einschätzung und Hoffnung erholen. Wir bedanken uns für ein spannendes und mitreissendes Mandat mit viel Herzblut und der Gewissheit, für Recht und Ordnung einen großen Beitrag geleistet zu haben, Arbeitsplätze erfolgreich verteidigt und ein wachsendes Unternehmen in der Region geschützt zu haben.

Sie haben Fragen zum Thema Wettbewerbsrecht, Arbeitsrecht und Datenmißbrauch von Arbeitnehmern? Ihr Ansprechpartner in der Kanzlei BRINK & PARTNER zu allen Themen im Bereich Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht ist Rechtsanwalt Jochen-P. Kunze