Schmerzensgeldanspruch wegen unterlassener LöschungInternet-Profil eines ehemaligen Arbeitnehmers
03.03.21Der Datenschutz treibt die Anforderungen an die Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechts voran.
Vorsicht bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen
Arbeitgeber müssen jetzt besser aufpassen, wenn ein Beschäftigungsverhältnis zu einem Arbeitnehmer oder einer Arbeitnehmerin endet und diese Person z.B. auf der Internetseite für das Unternehmen präsentiert wurde.
Schmerzensgeldanspruch des Arbeitnehmers/ der Arbeitnehmerin
Nach einer neuen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln liegt in dem Übersehen des Arbeitgebers bei der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, dass das Profil eines ehemaligen Arbeitnehmers weiterhin im Internet abrufbar ist, ein Verstoß gegen Art. 17 DSGVO und eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, die einen Schmerzensgeldanspruch des Arbeitnehmers rechtfertigt (300 Euro).
Sofortiges "Zuschlagen" der Arbeitnehmeranwälte
Im vorliegenden Fall wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen, in dem das Löschen des persönlichen Profils der Arbeitnehmerin ausdrücklich vereinbart wurde. Eine Löschung erfolgte vordergründig auch, aber die Löschung eines älteren pdf aus einer früheren Version der Website wurde auf Seiten des Arbeitgebers übersehen. Dies führte sofort zu anwaltlichen Maßnahmen durch die Arbeitnehmerin. Arbeitsrechtliche Maßnahmen und eine Anzeige beim Datenschutzbeauftragten des Landes waren die Folge.
Schmerzensgeldanspruch nach § 82 DSGVO
Gleichzeitig machten die Arbeitnehmeranwälte gegen den Arbeitgeber einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von € 1.000 geltend.
Kein Bagatellfall
Das erstinstanzlich tätige Arbeitsgericht sprach trotz lediglich 2-fachen Abruf dieses Profils ein Schmerzensgeld in Höhe von € 300 zu. Der Fall sei keine Bagatelle und die weitere Nutzung des Arbeitnehmerprofils verursache einen werblichen Vorteil zugunsten des Arbeitgebers. Das LAG Köln bestätigte die Wertung des Arbeitsgerichts und erteilte der auf höheres Schmerzensgeld zugunsten der Arbeitnehmerin gerichtete Berufung insofern eine Absage.
Praktischer Menschenverstand setzt sich in der Berufung durch
Das LAG Köln erkannte keinen Lizenzanspruch der Arbeitnehmerin wegen der Nutzung des Profils, ebenso wenig einen echten Reputationsschaden. Die sehr geringe Quote der Abrufe des Profils hielt das LAG für bedeutsam, so dass es nicht auf die abstrakt mögliche Zahl der Datenabrufe ankam. Die Anzeige beim Datenschutzbeauftragte entfalte schon soviel Unannehmlichkeiten für den Arbeitgeber, dass auch genügend "erzieherischer Effekt" vorliegend sei, der eine Anhebung des Schmerzensgeldanspruch über 300 € nicht rechtfertige. Der Arbeitnehmerin wäre es zuzumuten gewesen, durch kurzen Anruf oder Hinweis auf den Rechtsverstoß hinzuweisen, bevor sie mit der "anwaltlichen Keule" zuschlägt.
Besonderheiten
Die Beurteilung mag anders und wohl für den Arbeitgeber günstiger ausfallen, wenn eine ausdrückliche Löschungsregelung für das Profil nicht geschlossen wurde. Zu so einem Fall liegt unseres Wissens noch keine neuere Entscheidung vor. Wir würden unseren Arbeitgebermandanten eher nicht dazu raten, in dieser Frage Rechtsgeschichte schreiben zu wollen: Strukturiertes Abarbeiten eine to-do-Liste bei Beendigung eines Arbeitsverhältnis ist sinnvoller.
Anwaltlicher Ansprechpartner im Arbeitsrecht und Persönlichkeitsrecht.
Anwaltliche Ansprechpartner bei BRINK & PARTNER in Flensburg zum Thema Arbeitsrecht und Corona: Fachanwalt für Arbeitsrecht Jochen-P. Kunze und Rechtsanwältin Sandra Martensen