Verhalten bei KündigungTipps für Arbeitnehmer

17.09.18Sie haben eine Kündigung erhalten? Egal, ob es jetzt um den Arbeitsplatz geht, oder Sie die Kündigung nicht einfach akzeptieren wollen, heißt es aufpassen. Die formalen Fallstricke sind verzwickt

Sofort handeln nach Zugang der Kündigung

Wenn Sie die Kündigung erhalten haben, sollten Sie sofort einen Profi aufsuchen, nämlich einen Spezialisten im Arbeitsrecht. Die meisten sind Fachanwälte. 

Warum schnell? Sie haben nur drei Wochen Zeit, die Kündigung vom Arbeitsgericht prüfen zu lassen. Maßgebend ist der Eingang der Klage bei Gericht. Vorher kann ein guter und erfahrener Anwalt aber die Zeit sehr gut in Ihrem Sinne nutzen. Er kann alles ermittlen, was für Ihre Rechtsvertretung bedeutsam ist, Beweise sichern und auch mit Ihrem Arbeitgeber kantig verhandeln. Gute Anwälte haben einen Blumenstrauss an Möglichkeiten für Sie.

Notieren Sie sich unbedingt den Zeitpunkt des Erhalts der Kündigung, sonst wird die Klagefrist falsch berechnet und das kann für Sie und Ihren Rechtschutz das Ende sein.

Eine mündliche Kündigung ist unwirksam, nur eine schriftliche Kündigung löst den Lauf der Frist aus (§ 623 BGB). Trotzdem sollten Sie sich hiergegen verteidigen.

 

Sammeln Sie Information für Ihren Kündigungsschutz

Machen Sie eine Liste mit den Namen aller Kollegen, deren Lebens- und Dienstalter, Unterhaltsberechtigungen, etwaiger Schwerbehinderungen oder Gleichstellung. Denken Sie nach, ob Sie für sich besondere Qualifikationen reklamieren können, oder ob Ihre Kollegen dies können. Sind Sie oder eine/r Ihrer Kollegen schwerbehindert oder gleichgestellt?

Besteht im Betrieb oder in dem Unternehmen insgesamt ggf. ein Betriebsrat und weiß der von der Kündigung gegen Sie? Hat der Betriebsrat der Kündigung überhaupt zugestimmt?

Gibt es tarifvertragliche Regelungen in Ihrem Betrieb oder eine Betriebsvereinbarung? Besorgen Sie eine Kopie. Die Regelungen müssen vom Arbeitgeber ausgelegt werden oder Sie fragen den Betriebsrat.

Bringen Sie alle Daten und Unterlagen zu Ihrem Beratungsgespräch beim Anwalt mit, also insbesondere den Arbeitsvertrag, alle Änderungen und Ergänzungen, Betriebsvereinbarungen, Abrechnungen der letzten Monate sowie Unterlage, die bedeutsam sein könnten.Notieren Sie alle Regelungen, die "einfach so" gelebt wurden, ohne das das schriftlich festgelegt wurde. Auch die Liste der Kollegen ist wichtig.

Stimmen die Abrechnungen der letzten Monate und haben Sie etwaige Sondervergütungen auch vollständig erhalten? Häufig gelten kurze Ausschlussfristen für berechtigte Ansprüche, die Sie dem kündigenden Arbeitgeber kaum schenken wollen.

 

Kündigung und Abfindungsind kein Selbstgänger

Kündigungsrecht ist eine rechtlich schwierige Sache. Die Tricks und Kniffe der Experten können Sie kaum erlernen. Suchen Sie unbedingt einen fachlich spezialisierten Anwalt/ Fachanwalt auf, für den diese Situation das "täglich Brot" ist.

Wenn Sie keine Rechtschutzversicherung haben und zumindest eine grundlegende Vertretung haben wollen: Wenn Sie Gewerkschaftsmitglied sind, steht Ihnen ein juristisch angelernter Gewerkschaftssekretär zu.

Unter Arbeitnehmern ist der Irrglaube verbreitet, dass eine Kündigung eine „Kleinigkeit“ ist und die Zahlung einer Abfindung qusi "selbstverständlich". Ganz im Gegenteil. Deswegen wird häufig versäumt, einen rechtlichen Experten aufzusuchen. Bei Kündigungen können Welten zwischen den Ergebnissen verschiedener Anwälte in vergleichbaren Kündigungsprozessen liegen.Gleichzeitig gibt es viele Konsequenzen für getroffene Vergleichregelungen zu bedenken.

 

Vorsicht bei Angeboten zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder Zahlung einer Abfindung

Üblicherweise versuchen gerade Großunternehmen zunehmend, einvernehmlich Personal abzubauen. Am Ende stehen Änderungsverträge mit einem neuen Arbeitsplatz oder einem Aufhebungsvertrag, Abwicklungsvertrag oder Auflösungsvertrag und einer Abfindung. Vorsicht! Die Unterzeichnung solcher Verträge kann schnell zu einer Sperrzeit bei der Agentur für Arbeit führen. Sobald Druck ausgeübt wird oder kurze Entscheidungsfristen gesetzt werden, sollten bei Ihnen die Alarmglocken klingeln. Erkundigen Sie sich vor der Unterzeichnung immer bei Ihrem Berater. Vorsicht insbesondere vor Aufhebungsverträgen mit einer verkürzten Kündigungsfrist und einer im Gegenzug erhöhten Abfindung: Dies führt zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs und im Ergebnis zu einer Anrechnung der Abfindung, bei der Ihr scheinbarer Vorteil wieder einkassiert wird.

 

Krankenversicherungsschutz und Rente sichern

Während des Ruhezeitraumes ist der Arbeitslose weder  renten-, noch kranken- oder pflegeversichert. Es besteht ein zeitlich eingeschränkter Krankenversicherungsschutz (§ 19 Abs. 2 SGB V). Danach besteht der Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, wenn Ihre Mitgliedschaft endet und Sie keiner weiteren Tätigkeit mehr nachgehen. Davon werden auch mitversicherte Familienmitglieder umfasst. Ein nachgehender Versicherungsschutz in der Pflegeversicherung ist gesetzlich nicht geregelt.

In der gesetzlichen Rentenversicherung werden Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Leistungen – also Ruhezeiten – unter bestimmten Voraussetzungen als Anrechnungszeit berücksichtigt. Diese Zeiten wirken sich jedoch nicht rentenerhöhend aus. Nähere Infos finden Sie auch in den „Merkblättern“ der Arbeitsagentur zu Entlassungsentschädigungen.

 

Sperrzeit und Anrechnung von Abfindung

Die Regeln für die Sperrzeit und Anrechnung der Abfindung durch Ruhen können Ihnen nur dann egal sein, wenn Sie eine neue Stelle bereits sicher haben oder in Rente gehen können, also gar keine Leistungen der Arbeitsagentur beziehen wollen.

Auch die steuerliche Behandlung der Abfindung hat so ihre Tücken.Insbesondere bei der Fälligkeit und Zahlung der Abfindung können Kleinigkeiten zwischen tausende Euro mehr oder weniger entscheiden.

 

Ihre Urlaubszeit ist perfekt für Ihre Arbeitgeber-Kündigung

Sorgen Sie bei Urlaub oder Krankheit dafür, dass Ihr Briefkasten regelmäßig von einer zuverlässigen Person geleert und Ihnen wichtige Schreiben, insb. also eine Kündigung, sofort bekannt werden.

Dies gilt ganz besonders dann, wenn Sie mit einer Kündigung rechnen müssen. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte geht Ihnen auch bei Krankheit und während des Urlaubs eine Kündigung wirksam zu. Sie können bei Versäumung der Dreiwochenfrist allenfalls nachträgliche Klagezulassung beantragen, wenn sie die Frist ohne Verschulden versäumt haben. Krankheit schützt übrigens nicht vor einer Kündigung. Nur die Kündigung wegen einer Krankheit kann für einen Arbeitgeber schwierig sein.

 

Betriebsrat kann gegen Kündigung helfen

Schalten Sie sofort nach Erhalt einer Kündigung den Betriebsrat ein. Fordern Sie den Arbeitgeber auf, eine Begründung der Sozialauswahl bei der Kündigung zu geben. Wenn Sie die Kündigung für sozial ungerechtfertigt halten, können Sie binnen einer Woche nach der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen.

Erachtet der Betriebsrat den Einspruch für begründet, so hat er auch dann zu versuchen, eine Verständigung mit dem Arbeitgeber herbeizuführen. Der Betriebsrat hat seine Stellungnahme zu dem Einspruch dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber auf Verlangen schriftlich mitzuteilen.

Wenn der Betriebsrat der Kündigung aus den in § 102 BetrVG genannten Gründen widersprochen hat, haben Sie sehr gute Karten bei einer Kündigungsschutzklage. Auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. Manche Betriebsräte sind allerdings nach unserer Erfahrung leider auch recht passiv und helfen nicht viel. Ihr Anwalt kann dann besser beurteilen, ob es Sinn macht, gegen die Kündigung anzugehen oder die Abfindung oder vielleicht doch ein anderes Angebot des Arbeitgebers anzunehmen.

 

Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz

Nach dem „Ultima-ratio-Prinzip“ muss die Kündigung des Arbeitsverhältnisses immer das letzte Mittel sein, das bei wirtschaftlichen Problemen oder Rationalisierungen bleibt. Daher muss vor einer Beendigungskündigung immer geprüft werden, ob ein milderes Mittel wie eine Änderungskündigung oder Versetzung in Betracht kommt. Kündigt Ihnen der Arbeitgeber eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz oder gar an einen anderen Arbeitsort an, sollten Sie zunächst überprüfen, ob arbeitsvertraglich eine Versetzung überhaupt einseitig möglich ist oder ob eine Änderungskündigung erforderlich ist. Sie sollten stets auf eine ausreichende Bedenkzeit achten.

Wenn vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung ein Angebot für einen anderen Arbeitsplatz vorliegt, sollten Sie sich hierüber genau informieren und sich dann anwaltlich beraten lassen. Die Ablehnung eines zumutbaren Angebotes kann zum Verlust der Abfindung im Kündigungsfalle führen. Ob ein Arbeitsplatz zumutbar ist, hängt von Ihrem Arbeitsvertrag und häufig auch von den Regelungen im Sozialplan ab. Besorgen Sie sich daher sofort ein Exemplar des Sozialplans!

 

Vorsicht bei Änderungskündigung

Wenn der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht, haben Sie verschiedene Möglichkeiten zu reagieren. Welche die beste ist, hängt von der individuellen Situation ab. Auch diese Einschätzung sollten Sie nicht ohne einen arbeitsrechtlichen Spezialisten vornehmen. Sie müssen gesetzlich innerhalb kürzester Fristen reagieren. Das Änderungsangebot muss unmissverständlich und vollständig die neuen Vertragsbedingungen enthalten.

 

Keine „eilige Entscheidung“ und Erklärungen unter Druck

Unterzeichnen Sie auch sonst nichts, insbesondere keine Ausgleichsquittungen, Verzichtserklärungen, Abwicklungsverträge oder ähnliche Formulare, die Ihnen der Arbeitgeber vorlegt. Lesen Sie sich vorgelegte Unterlagen gründlich – zu Hause – durch. Haben Sie Zweifel, bitten Sie um Bedenkzeit und sprechen Sie das Formular mit Ihrem Berater durch. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sie nämlich selber schuld, wenn Sie auf Druck des Arbeitgebers ohne Bedenkzeit etwas unterschreiben. Das Bundesarbeitsgericht ist der Meinung, dass jeder „Nein“ sagen kann. Unproblematisch ist nur, wenn Sie ausschließlich den Erhalt der Arbeitspapiere bestätigen. Meist findet sich aber eine Vielzahl von Klauseln auf dem Papier, so dass Vorsicht angebracht ist.

Die Arbeitgebertricks zum „Nachtreten“

Checken Sie nach dem Erhalt der Kündigung noch einmal kritisch Ihre Spesenabrechnungen, die Browsereinträge und die Festplatte Ihres Rechners. Wurden früher viele Kündigungen mit Spesenbetrug gerechtfertigt, kommt heute das unerlaubte private mailen oder surfen im Internet in Mode. Manchmal wird „nachgetreten“, wenn Klage erhoben wird, um die mögliche Abfindung zu reduzieren.

Ansprechpartner bei Kündigung und Arbeitsrecht

Sie haben Fragen zum Thema Arbeitsrecht und Kündigung? Ansprechpartner bei BRINK & PARTNER für diese Themen ist Fachanwalt für Arbeitsrecht Jochen-P. Kunze und Rechtsanwältin Sandra Martensen

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