2. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung? Aufgepaßt!Verlust der Krankenversicherung bei mehreren Erkrankungen

31.01.20Nochmalige Entgeltfortzahlung nur nach Beendigung der vorherigen Erkrankung – Einheit des Verhinderungsfalls

2. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung? Aufgepaßt!

Nach einer Entscheidung des BAG aus Dezember 2019 darf für das Entstehen eines neuen Entgeltfortzahlungsanspruchs bei aufeinander abfolgenden Arbeitsunfähigkeiten kein einheitlicher Verhinderungsfall vorliegen. Nach der Entscheidung des Gerichts haben Arbeitnehmer also nur dann Anspruch auf eine erneute Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, wenn die ursprüngliche Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der neuen bereits beendet ist.

Der Fall

Eine Arbeitnehmerin war im Jahr 2017 für rund drei Monate wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig. Am letzten Tag dieser ursprünglichen Arbeitsunfähigkeit bescheinigte ihr eine andere Ärztin aufgrund einer anstehenden Operation im Rahmen einer „Erstbescheinigung“ eine weitere, neue Arbeitsunfähigkeit. Diese neue Arbeitsunfähigkeit dauerte rund sechs Wochen. In dieser Zeit erhielt die Arbeitnehmerin weder Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber, noch zahlte ihr die Krankenkasse Krankengeld.

Was tun?

Die Arbeitnehmerin klagte gegen Ihren Arbeitgeber und beantragte, diesen zur Zahlung von rund EUR 3.400,00 brutto als Entgeltfortzahlung zu verurteilen. Schwerpunkt ihrer Argumentation war, dass sie wegen eines neuen Leidens arbeitsunfähig und die ursprüngliche Arbeitsunfähigkeit wegen ihrer psychischen Erkrankung im Zeitpunkt der neuen Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Operation bereits beendet gewesen sei. Ihr Arbeitgeber hingegen vertrat die Auffassung, dass es sich bei den beiden aufeinanderfolgenden Arbeitsunfähigkeiten um einen einheitlichen Verhinderungsfall handele und er somit nur für die ersten sechs Wochen der ursprünglichen Arbeitsunfähigkeit zur Entgeltfortzahlung verpflichtet gewesen sei, für den späteren Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit aber nicht.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das BAG folgte im Wesentlichen der Argumentation des Arbeitgebers und wies die Klage der Arbeitnehmerin ab. In der Pressemitteilung des BAG heißt es dazu:

„Ist der Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig und schließt sich daran in engem zeitlichen Zusammenhang eine im Wege der Erstbescheinigung attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit an, hat der Arbeitnehmer im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der weiteren Arbeitsverhinderung geendet hatte.“ Dieser Nachweis war der Arbeitnehmerin nicht gelungen.

Fazit

Arbeitnehmer

Im einem arbeitsgerichtlichen Prozess liegt die Beweislast für das Vorliegen einer „neuen Arbeitsunfähigkeit“ und einem damit einhergehenden Anspruch auf erneute Entgeltfortzahlung beim Arbeitnehmer.

Dieser sollte bei der Erteilung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gleich darauf achten, das hier klar abgegrenzt wird, ob eine neue Erkrankung vorliegt, oder eine Folgeerkrankung.

Arbeitgeber

Bei eng aufeinanderfolgenden Arbeitsunfähigkeiten, im Rahmen derer Arbeitnehmer eine erneute Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber verlangen, sollten Arbeitgeber sich das tatsächliche Vorliegen einer neuen Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitnehmer darlegen lassen. Bei Zweifeln hierüber kann es sich anbieten, eine erneute Entgeltfortzahlung zunächst abzulehnen und die dahingehende Verpflichtung notfalls gerichtlich überprüfen zu lassen.

Anwaltlicher Ansprechpartner im Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Jochen-P. Kunze und Rechtsanwältin Sandra Martensen

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